Zeitungen nur noch digital?
18. Februar 2020115 Jahre Tagblatt – Zeitungsjubiläum in schwierigen Zeiten
18. Februar 2020115 Jahre Tagblatt – Separatisten, Wembley und „Schwarzer Freitag“
Am 11. November 1918, 11 Uhr: Kriegsende. Auch das Kriegsende stellte den Verleger Emil Geier vor neue und nicht weniger schwere Aufgaben. Neben der Lebensmittelrationierung waren auch die für den Zeitungsbetrieb notwendigen technischen Produkte kam noch zu bekommen. Während die Zuteilungen ohnehin knapp bemessen waren, konnte es auch passieren, dass Papier überhaupt nicht geliefert wurde.
Die Zeitung wurde von den französischen Truppen, die Schifferstadt am 5. Dezember 1918 besetzten, unter Vorzensur gestellt und manchmal dauerte es Stunden, bis vom zuständigen Offizier die Druckgenehmigung erteilt wurde. Manche Texte mussten unkenntlich gemacht, dafür andere aufgenommen werden, die in keiner Weise mit der Einstellung des Verlegers übereinstimmten. Am 1. November 1921 wurde der Titel in „Rehbach-Bote“ geändert.
Wembley-Stadion und
Inflation
Im Januar 1923, die Inflation hatte ihren Höhepunkt erreicht und die Allierten drängten auf Erfüllung der deutschen Reparationsverpflichtungen, marschierten französische und belgische Soldaten ins Ruhrgebiet ein und besetzten es. Reichskanzler Wilhelm Cuno rief darauf hin zum passiven Widerstand auf. Im März 1923 übernahmen die Franzosen die pfälzische Eisenbahn und auch den Schifferstadter Bahnhof, worauf die Schifferstadter Eisenbahner den Dienst verweigerten. Handel und Verkehr wie auch das gesellschaftliche Leben waren lahmgelegt. Arbeiter, die auswärts ihr Geld verdienten, fuhren mit dem Fahrrad oder gingen zu Fuß. „Die Bevölkerung hat sich mit nur geringen Ausnahmen dem passiven Widerstand angeschlossen”, hieß es im „Rehbach-Boten”.
Im April 1923 wurde in England das Wembley-Stadion fertiggestellt, in dem am 28. April das erste Fußballspiel zwischen den Bolton Wanderers und Westham United im Finale des FA-Cups (2:0) stattfand. In dem für 127.000 Zuschauer angegebenen Stadion wollten 250.000 zusehen. 2003 wurde das Stadion abgerissen und 2007 auf gleichem Platz durch das neue ersetzt.
Zeitungsverleger hielten geheime Versammlungen ab, denn die Besatzungsmacht und vor allem die Separatisten unterdrückten die freie Meinungsäußerung. Es brodelte in Schifferstadt und eskalierte im November. Die Nacht vom 16. auf den 17. November ging als „Blutnacht” in die Geschichte ein. 22 Schifferstadter wurden als Geißeln zum Teil blutig geschlagen und nach Speyer abtransportiert, „weil am Abend des 16. Novembers die Separatistenfahne vom Rathaus heruntergeholt und die Sturmglocke geläutet worden war. Für diese Vorkommnisse wurde die Gemeinde Schifferstadt zur Zahlung einer Buße von 50.000 Franken verurteilt. Emil Geier war den Häschern nicht entgangen, wobei er nach vorausgegangenen Mißhandungen und Bedrohung mit dem Tode neun Tage gefangen gehalten wurde, weil er einen Aufruf der Autonomen Regierung nicht veröffentlichte und dadurch die Beseitigung der Separatistenfahne vom Rathaus verschuldet haben sollte”, schrieb Emil Geier nieder. Am 19. Januar 1924 wurde der „Rehbach-Bote” beschlagnahmt. Vom 22. Januar bis 12. Februar stellten daraufhin die pfälzischen Zeitungen mit nur geringen Ausnahmen ihr Erscheinen ein. „Diese Maßnahme ließ die ganze Welt aufhorchen und gab den Anlaß zu einem Einschreiten Englands”, schrieb Emil Geier. „Am 16. Februar 1924 wurde die „Autonome Pfalz” mit dem Brand des Bezirksamtes in Pirmasens sang- und klanglos begraben.”
Der Super-GAU 1929
Am Donnerstag, 24. Oktober 1929 begannen an der New Yorker Börse die Aktienkurse ins Bodenlose zu fallen, Panik brach aus und der folgende Tag sollte als „Schwarzer Freitag” in die Geschichte eingehen. Gewaltige Vermögenswerte wurden internatioonal vernichtet und auch Deutschland konnte sich dem Sog nicht entziehen, schlitterte in seine schwerste Wirtschaftskrise auch durch die fortlaufenden Reparationszahlungen als Verlierer des Krieges. Arbeitslosigkeit, Hunger und wenig Vertrauen in die Regierung waren der Nährboden für den Aufstieg der Nationalsozialisten.